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Willi deBolbra Als die Lusitania am 6. Juni 1906 bei der Wert John Brown im schottischen Clydebank vom Stapel laufende Lusitania unter dem Jubel von über 20.000 Menschen ins Wasser einlief, dachte wohl niemand daran, daß dieses Schiff einmal ein mitentscheidener Faktor an der Kriegsteilnahme der Vereinigten Staaten am 1. Weltkrieg sein würde. Im September 1907 machte sie ihre Jungfernfahrt nach New York, wo sie begeistert von den Zuschauern und Reportern empfangen wurde. Die Lusitania war nicht nur das größte (40.000 Tonnen Wasserverdrängung) und luxeriöste Schiff der Welt, sondern auch mit einer Geschwindigkeit von 25 Knoten der schnellste Dampfer. Mit ihren 34 wasserdichten Schotten galt sie, wie fünf Jahre später die Titanic, als nahezu unsinkbar. Um die Lusitania und ihr Schwesterschiff, die Mauretania, überhaupt bauen zu können, wurden sie finanziell vom Staat unterstützt. Als sog. Gegenleistung konnten sie leicht in einen Hilfskreuzer umgebaut und so im Kriegsfall eingesetzt werden. Am 1. Mai 1915 lief die Lusitania um 12.30 Uhr von New York nach Liverpool aus. Obwohl sich England und Deutschland im Krieg befanden
und die Gewässer um die britischen Inseln zum Kriegsgebiet zählten, wurde der Passagierdienst bei dem Cunard-Liner nicht sonderlich eingeschränkt. Niemand dachte auch nur im Traum daran, daß dieses
unbewaffnete Schiff von einem U-Boot angegriffen und sinken würde. Als sie fünf Tage später die Kriegszone erreichte, wurden die üblichen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Die Rettungsboote wurden
ausgeschwenkt, ihre Abdeckplanen entfernt und weitere Ausgucks aufgestellt. Am Abend des 6. Mai warnte ein dringlicher Funkspruch der britischen Admiralität vor U-Booten in dem Gebiet, in das die Lusitania einfuhr. Kapitän Turner schenkte den Warnungen der Admiralität keine besondere Beachtung und mißachtete in geradezu fahrlässiger Form alle Anweisungen: höchste Geschwindigkeit, Landzungen meiden, in der
Mitte des Fahrrinne fahren und vor allem Zickzackkurs steuern. Statt dessen hielt Turner seine Geschwindigkeit auf 18 Knoten (um volle Geschwindigkeit erreichen zu können, hätte er die restlichen Kessel
anheizen müssen) und fuhr nur eine Seemeile vom Feuerschiff Coningbeg dicht an der Küste einen geraden Kurs entlang, in einem Gebiet, in dem U-Boote gemeldet worden waren. Ganz in der Nähe war
Walther Schwieger mit seinem U-20 nach Abschluß einer einwöchigen Patroullienfahrt aufgetaucht und suchte den Horizont nach weiteren Opfern ab. Er hatte bereits einen Schoner und drei Dampfer versenkt.
Um 13.20 Uhr sichtete Schwieger einen Dampfer mit zwei Masten und vier Schornsteinen, wie er in seinem Kriegstagebuch vermerkte. Ohne Vorwarnung feuerte er einen Bugtorpedo ab, der den Passagierdampfer
kurz vor der Brücke traf. Die von dem Torpedo ausgelöste Explosion war für die meisten Passagiere nur als leichter Stoß zu empfinden. Aber die zweite, höchstwahrscheinlich von den jetzt leeren Kohlebunkern
ausgelöste Kohlenstaubexplosion schüttelte das ganze Schiff durch. Schnell begann sich die Lusitania nach Steuerbord zu neigen und mit dem Bug voran zu sinken. Als sich das Schiff nach vorne und unten
neigte, strömten Unmengen von Wasser durch das klaffende Leck und die von den Passagieren geöffneten Bullaugen in den verwundeten Schiffsriesen. Kapitän Turner versuchte, das Schiff auf die sich in der
Nähe befindliche Küste zuzusteuern, um es auf Grund zu setzen. Die letzte Reaktion war nur noch das nach Backbord gedrehte Ruder, danach fiel der Strom aus und schloß viele Passagiere in den ewig
stillstehenden Aufzügen ein. Die meisten Rettungsboote konnten aufgrund der starken Schlagseite und der immer noch hohen Restgeschwindigkeit des Schiffes (die Maschinen arbeiteten noch)
kaum zu Wasser gelassen werden. Als sich die 232 Meter lange Lusitania langsam nach unten neigte, berührte sie den 90 Meter tiefer gelegenen Meeresboden, während ihr Heck noch hoch über die
spiegelglatte Wasseroberfläche hinausragte. Nach 20 Minuten lag sie auf dem Meeresgrund. Es gab nur 761 Überlebende - 1198 Menschen kamen in den Fluten um, darunter 128 Amerikaner. Die Versenkung der Lusitania brachte mit einem Schlag eine
antideutsche Stimmung in den USA mit sich. Viele forderten den sofortigen Kriegseintritt. Die Deutschen setzten für zwei Jahre ihren "uneingeschränkten U-Boot-Krieg" aus. Große Passagierdampfer durften
nicht mehr angegriffen werden. Als die Vereinigten Staaten 1917 jedoch in den Krieg eintraten, wurde der "uneingeschränkte U-Boot-Krieg" wieder aufgenommen.
Viel ist spekuliert worden, warum Walther Schwieger den Passagierdampfer angegriffen hatte. Hatte er ihn als Hilfskreuzer gesehen - was nicht so abwegig ist, weil die britische Admiralität die
Lusitania und die Mauretania offiziell als Hilfskreuzer deklariert hatte. Desweiteren war der Anstrich der Lusitania verändert worden (vor allem im Bereich der Schornsteine), um sie für U-Boote schwerer
indentifizierbar zu machen. Oder hatte Schwieger tatsächlich gewußt, daß er einen unbewaffneten Passagierdampfer angriff? Leider konnte man diese Fragen nicht mehr klären, weil Schwieger während des Krieges gefallen war. J. H. Martin, Geoffrey Bennet (Das große Buch der Schiffe), Octopus Books Ltd. Robert D. Ballard (Das Geheimnis der Lusitania), Ullstein Verlag Die großen Passagierschiffe - Die Seefahrer - Time Life, Amsterdam - M. Maddocks Links: RMS Lusitania - Queen Of The Seas Quelle: Nils Schwerdtner, R.M.S. Olympic, Krone Verlag, 2000 |
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